Fest oder flüssig – auf die Partikelgröße kommt es an
Max-Planck-Forscher entschlüsseln wie der Phasenzustand von Aerosol-Nanopartikeln von ihrer Größe abhängt
Ob winzigste Partikel in der Luft, so genannte Aerosol-Nanopartikel, fest oder flüssig sind, ist für Atmosphären- und Klimaforscher von großer Bedeutung. Denn der Phasenzustand bestimmt mit, ob und wie schnell ein solches Teilchen zu Wolkenkondensationskernen anwachsen, auf denen Wasserdampf kondensieren kann, wodurch Wolkentropfen und Niederschlag entstehen.
Bis vor kurzem jedoch klaffte eine Lücke zwischen Theorie und Praxis: Experimentelle Beobachtungen, wie die Fest-Flüssig-Phasenübergänge von atmosphärischen Aerosol-Nanopartikel ablaufen und wie die Teilchen feuchteabhängig wachsen, konnten durch theoretische Berechnungen und Modellvorhersagen nicht erklärt werden.
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie lösten nun dieses Rätsel. „Die Partikelgröße ist von größerer Bedeutung für die Phase, als wir bisher dachten“, sagt Yafang Cheng, Gruppenleiterin am Mainzer Institut. „Salzpartikel können beispielsweise nicht nur durch Erhöhung von Temperatur oder Feuchtigkeit, sondern auch durch die Verringerung ihrer Größe flüssig werden“, ergänzt die Erstautorin einer kürzlich in Nature Communications erschienen Publikation.
Die Forscher um Cheng und Hang Su analysierten hochpräzise Messdaten, wie Natriumchlorid- und Ammoniumsulfat-Nanopartikel bei unterschiedlichen relativen Feuchten hygroskopisch wachsen. Aus diesen Wachstumskurven errechneten die Wissenschaftler die Grenzflächenenergien und den kritischen Durchmesser für die Fest-Flüssig-Phasenübergänge der Salznanopartikel. Basierend auf ähnlichen Abschätzungen erwarten die Forscher, dass organische Aerosolpartikel, die in der Atmosphäre in großer Zahl vorkommen, bei Raumtemperatur immer flüssig sind, wenn ihr Durchmesser weniger als etwa 20 Nanometer beträgt.
„Die Partikelgröße sollte auf Grund unserer Ergebnisse als zusätzliche Dimension im Phasendiagramm von Aerosol-Nanopartikeln berücksichtigt werden“, sagt Chengs Kollege Hang Su. „Unsere Ergebnisse sind auch in anderen Bereichen wie beispielsweise in der biomedizinischen oder der Materialforschung wichtig, in denen Nanopartikel eine Rolle spielen.“ Sie können zum Beispiel dabei helfen, die Löslichkeit und Konzentration von therapeutischen Wirkstoffen und Reagenzien in synthetischen Nanopartikeln zu bestimmen, die in der Medizin und Technik eingesetzt werden können.