Die Tiefen des Südpolarmeeres verstärkten die Eiszeiten

 

8. März 2019

Die Eiszeiten sind während der letzten Million Jahre kälter und länger geworden. Einer neuen Studie zufolge, fällt diese wichtige Klimaänderung mit einer verlangsamten Umwälzung von oberflächlichen und tiefen Wasserschichten des Südpolarmeeres zusammen. Die Studie bestätigt, dass die Antarktis eine zentrale Rolle bei klimatischen Veränderungen spielt.

Eine Analyse mariner Sedimente aus über 2 Kilometern Tiefe hat einen wichtigen Anhaltspunkt zur Lösung eines großen Rätsels der Klimageschichte unseres Planeten geliefert. Die Rede ist von der mittelpleistozänen Klimawende, die vor rund 1 Million Jahren begann. Damals verlängerten und intensivierten sich die Eiszeiten, und die Zykluslänge stieg von 40 000 auf 100 000 Jahre. Ein Schlüssel zur Erklärung dieser klimatischen Wende wurde nun in den Tiefen des Südpolarmeeres gefunden, wie die Arbeit nahelegt, die in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde.
Die neue Studie, die von Alfredo Martínez-García, Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, geleitet wurde, wurde gemeinsam mit Adam Hasenfratz, Doktorand an der ETH Zürich, Samuel Jaccard, Professor an der Universität Bern, Daniel Sigman, Professor an der Princeton University, und Gerald Haug, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie und Professor an der ETH Zürich, durchgeführt. Sie hat die Entwicklung der Zirkulation von tiefen und oberflächlichen Wasserschichten des Südpolarmeeres nachgezeichnet. Dieser Prozess spielt eine Schlüsselrolle im globalen Klimasystem, weil CO2-reiches Tiefseewasser an die Oberfläche gelangt und in die Atmosphäre entweichen kann. Die neue Studie zeigt, dass die Zirkulation der Schichten während der Eiszeiten, am Ende der mittelpleistozänen Transition vor rund 600.000 Jahren, signifikant reduziert war. „Unsere Daten zeigen, dass die reduzierte Umwälzung die Freisetzung von CO2 durch den Ozean vermindert hat, was den Treibhauseffekt über tausende von Jahren reduzierte, und dadurch zu längeren und intensiveren Eiszeiten führte. Die Studie liefert neue Hinweise für ein besseres Verständnis einer der wichtigsten Klimaveränderungen der letzten zwei Millionen Jahre“, so Alfredo Martínez-García.

Sedimentkern erlaubt Rekonstruktion der Zusammensetzung des Ozeans

Um die historische Entwicklung der Zirkulation zu rekonstruieren, wurde den marinen Sedimenten in einer Tiefe von 2800 Metern rund 2500 km südlich der Küste Südafrikas ein 169 Meter langer Bohrkern entnommen. Die Kernbohrungen wurden in den späten neunziger Jahren im Rahmen des International Ocean Drilling Project (IODP) durchgeführt. Im Rahmen seiner Doktorarbeit an der ETH isolierte und analysierte Adam Hasenfratz (betreut von Alfred Martínez-García, Samuel Jaccard und Gerald Haug) Gehäuse von fossilen Foraminiferen, mikroskopischen Einzellern mit einer Kalkschale. Die chemische Zusammensetzung der Gehäuse gibt Aufschluss über die marinen Bedingungen zur Zeit ihrer Entstehung, insbesondere den Salzgehalt und die Temperatur des Wassers. Hasenfratz konzentrierte sich auf eine Spezies, die auf dem Meeresboden lebt (Melonis pompilioides) und eine weitere, die an der Meeresoberfläche lebt (Neogloboquadrina pachyderma). Dadurch konnte er gleichzeitig Daten zu Salzgehalt und Temperatur tiefer und oberflächlicher Wasserschichten über einen Zeitraum von mehr als einer Million Jahre sammeln. Das Verhältnis von in Foraminiferen enthaltenem Magnesium und Calcium ist abhängig von der Wassertemperatur zum Zeitpunkt der Entstehung. Der Salzgehalt des Wassers wurde auf Basis des Verhältnisses zweier Sauerstoffisotope (16O und 18O) in der Kalzit-Schale (CaCO3) ermittelt, welches sowohl die Temperatur als auch die Salinität des Wassers wiederspiegelt. Die Analyse zeigt, dass sich das Oberflächenwasser im Laufe der letzten Million Jahre abgekühlt hat, insbesondere während der Eiszeiten. Dies hat den Temperaturunterschied zwischen dem Oberflächenwasser und dem kalten Tiefseewasser reduziert, wodurch die Zirkulation eigentlich angetrieben worden wäre. Dieser Trend wurde jedoch durch eine deutliche Reduzierung des Salzgehaltes an der Wasseroberfläche umgekehrt: Die Dichte des Oberflächenwassers sank und damit auch die Tendenz zum Austausch mit tieferen Schichten.
Die Studie zeigt, dass die Zirkulation der Wasserschichten am Ende der mittelpleistozänen Klimawende deutlich nachgelassen hat, was es dem Tiefseewasser über eine lange Zeitperiode erlaubte, CO2 zu binden, was potentiell als Erklärung dafür dienen könnte, dass sich die Periodizität der Eiszeiten von 40.000 auf 100.000 Jahre änderte.

Diese Studie wurde in Zusammenarbeit mit Forschern des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz, der ETH Zürich (Schweiz), der Universität Bern (Schweiz), der Princeton University (USA), der University of Cambridge (United Kingdom), der Universität Bergen (Norwegen), sowie des British Antarctic Survey durchgeführt.

(angepasst von SNF, AMG, SB)

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