Von Puerto-Rico nach Mainz

MPI für Chemie leistet wissenschaftliche und persönliche Hilfe nach Naturkatastrophe

6. Dezember 2017

Ende September fegte Hurrikan „Maria“ mit bis zu 250 Stundenkilometern über Puerto Rico hinweg und verursachte schwere Schäden. Auf der karibischen Insel ist seitdem nichts mehr so, wie es einmal war. Tropische Wälder sind blätterlos, sehr viele Häuser zerstört und die Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln ist in sich zusammengebrochen. Auch das Stromnetz ist bis heute nicht einmal in Ansätzen wiederaufgebaut. Von der Zerstörung in ihrer täglichen Arbeit direkt betroffen ist auch die „Atmospheric Chemistry and Aerosols Research Group“ der University of Puerto-Rico, mit der das MPI für Chemie bereits seit vielen Jahren wissenschaftlich zusammenarbeitet. Olga L. Mayol-Bracero ist Professorin dort und leitet die Gruppe und war von 1998-2001 als Postdoktorandin am MPI für Chemie in Mainz in der Abteilung Biogeochemie tätig.

Mit ihrer Gruppe betrieb Olga Mayol-Bracero bis Anfang September Feldforschungsstationen, an denen unter anderem Proben von atmosphärischen Aerosolpartikeln gesammelt wurden. Doch seit Hurrikan „Maria“ liegt die Forschungsstation „Pico del Este“, die im äußersten Nordosten der Insel gelegen ist, in Trümmern. „An eine Wiederaufnahme der Forschungsarbeit ist dort noch lange nicht zu denken“, erzählt Nicolás Gómez Andújar, der in Olga Mayol-Braceros Gruppe forscht und kurz vor seinem Bachelorabschluss stand, als das Unwetter über die Insel hinweg zog. All seine Pläne für die Zukunft schienen durch „Maria“ vorerst unmöglich geworden zu sein. Die zerstörte Infrastruktur machte es ihm unmöglich, seine Daten termingerecht auszuwerten und zu Papier zu bringen.

Doch Nicolas Gomez hatte Glück im Unglück: Durch den regelmäßigen wissenschaftlichen Austausch zwischen Olga Mayol-Bracero und dem MPI für Chemie erfuhr man in Mainz von der Notlage der puerto-ricanischen Kollegen und beschloss zu helfen. Kurzfristig schufen Stephan Borrmann und seine Abteilung Partikelchemie für Nicolás die Möglichkeit, von Puerto-Rico nach Mainz zu reisen, um hier seine Daten auszuwerten und seine Abschlussarbeit fertigzustellen. Mitte Dezember geht es für den 22 Jahre alten Nachwuchswissenschaftler wieder zurück in seine Heimat.



Hurrikan bringt neues Forschungsthema

Nach seiner Rückkehr wird Nicolás Gómez Andújar eine der unmittelbaren Folgen des Hurrikans untersuchen: Aufgrund der mangelnden Stromversorgung nutzen beispielsweise die Einwohner der Hauptstadt San Juan derzeit dieselbetriebene Generatoren zur Stromerzeugung. Diese sorgen jedoch in der sonst so reinen Luft San Juans für Verschmutzungen in bisher unbekanntem Ausmaß.

Da es auf Puerto-Rico weiterhin an der nötigen Infrastruktur fehlt und die meisten Messgeräte unbrauchbar geworden sind, konzipierte die Abteilung Partikelchemie eine spezielle Messvorrichtung für Nicolas und seine Kollegen, um die Veränderung der Luftqualität untersuchen zu können. „Zwei kleine Messgeräte, mit denen Partikelanzahlkonzentration und -größenverteilung gemessen werden, wurden von uns eigens für Puerto-Rico umgerüstet,“ erklärt Frank Drewnick, Gruppenleiter am MPIC, der zusammen mit seinen Kollegen der Partikelchemie, der Elektronikwerkstatt und der mechanischen Werkstatt eine spezielle Messbox aufbaute. Mithilfe einer großen Autobatterie wurden die beiden Messgeräte, die in den Monaten vorher im Iran betrieben worden waren, für den Dauerbetrieb nutzbar gemacht. Diese bauten sie zusammen mit einem Datenspeicher in eine Aluminiumbox ein. „Mit der Box steht uns ein kompakter, vollkommen autarker und wetterfester Aufbau zur Verfügung, der an einem beliebigen Ort abgestellt werden kann, um dort das Umgebungsaerosol zu messen,“ erklärt Nicolás Gómez Andújar dankbar für die umfassende Hilfe.



Nach dem Ende seiner Messungen wird der Messkoffer für weitere Einsätze ans MPI für Chemie zurückkehren. Nicolás selbst hofft, dass er nach seiner Rückkehr schnellst möglich sein Bachelorstudium abschließen und ein Masterstudium anschließen kann. Seine Zukunft sieht er in der Forschung: „Ich möchte in der Forschung bleiben, da es in meinem Heimatland viel zu tun gibt, und ich möchte zur notwendigen Weiterentwicklung beitragen.“

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