Der Schwarzdorn (Prunus Spinosa)
Einblick in die chemische Duftsignatur

Der Schwarzdorn ist eine heimische Wildpflanze mit großer ökologischer Bedeutung. Seine Blüten erscheinen früh im Jahr und sind eine wichtige Nektarquelle für zahlreiche Insekten.
Im Bild sind Eunyeong Jin (Doktorandin), Nicola Sörmann (Bachelorstudentin), and Alexandra Gutmann (Postdoktorandin) bei der Vorbereitung zur Probenahme am blühenden Schwarzdorn. (Foto Alexandra Gutmann)
Der Schwarzdorn gehört zu den ersten blühenden Sträuchern im Frühjahr. Bereits vor dem Laubaustrieb zeigt er seine kleinen, weißen Blüten – und verströmt einen intensiven Duft: süßlich, mandelartig, mit einer leicht bitteren Note. Er ist eine heimische Wildpflanze mit großer ökologischer Bedeutung. Seine Blüten erscheinen früh im Jahr und sind eine wichtige Nektarquelle für zahlreiche Insekten. An warmen Tagen ist er besonders gut wahrnehmbar.

Die Blütendüfte werden direkt vor Ort mit sorptiven Materialien gesammelt und später im Labor mittels thermischer Desorption und Gaschromatographie-Massenspektrometrie (TD-GC-MS) analysiert. So lässt sich die komplexe chemische Zusammensetzung präzise bestimmen. (Foto und Probenahme durchgeführt von Eunyeong Jin)
Diese Duftcharakteristik macht ihn zu einem idealen Beobachtungsobjekt für uns. In unserem Projekt D2Smell beproben wir die Duftemissionen dieser Art mit analytischen Verfahren – direkt im Feld. Die Blütendüfte werden direkt vor Ort mit sorptiven Materialien gesammelt und später im Labor mittels thermischer Desorption und Gaschromatographie-Massenspektrometrie (TD-GC-MS) analysiert. So lässt sich die komplexe chemische Zusammensetzung präzise bestimmen. Die Kombination aus subjektiver Wahrnehmung und chemischer Analyse liefert neue Einblicke in die Rolle von Düften im Pflanzenökosystem.
Emissionsspektrum des Schwarzdorns
Im Rahmen unserer Untersuchungen zur Blütenduft-Kommunikation haben wir das Emissionsspektrum des Schwarzdorns (Prunus spinosa) analysiert. Das untenstehende Chromatogramm zeigt die Zusammensetzung der flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs), die von den Blüten emittiert werden. Diese Stoffe sind entscheidend für die Interaktion der Pflanze mit ihrer Umwelt – insbesondere für die Anlockung von Bestäubern.

Darstellung der flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs), die aus den Blüten des Schwarzdorns emittiert werden. Die Spitzen repräsentieren einzelne Substanzen – darunter ökologisch relevante Duftstoffe wie Ocimen, Lilac Aldehyde und Phellandren. (Messung und Bearbeitung von Eunyeong Jin)
Wir konnten eine Vielzahl von Substanzen identifizieren. Einige davon spielen eine besonders herausragende Rolle im Duftprofil des Schwarzdorns und in seiner ökologischen Funktion:
🌿 Phellandren
Phellandren ist ein Monoterpen mit einem frisch-würzigen Duft, der oft mit Eukalyptus oder Zitrusnoten assoziiert wird. Es kommt in verschiedenen Pflanzen vor und kann sowohl insektanziehend als auch -abweisend wirken. Seine Präsenz im Schwarzdorn weist auf eine vielseitige Rolle in der Duftkommunikation hin.
🍏 cis-3-Hexenylacetat
Diese Verbindung ist ein sogenannter "Grünblattduft" und entsteht typischerweise bei mechanischer Verletzung von Pflanzengewebe. Ihr fruchtiger, apfelartiger Geruch kann Bestäuber anziehen, aber auch Fressfeinde von Pflanzenfressern alarmieren – ein faszinierendes Beispiel für chemische Vielzwecksignale in der Natur.
🌸 Lilac Aldehyde
Lilac Aldehyd (Fliederaldehyd) ist ein Hauptbestandteil vieler Blütendüfte – unter anderem von Flieder. Es existiert in mehreren Isomeren, die jeweils leicht unterschiedliche Gerüche aufweisen. In unseren Messungen zeigt sich Lilac Aldehyd als ein potenziell attraktives Signal für nachtaktive Bestäuber wie Schwärmer.
🍯 4-Oxoisophoron
Diese Substanz ist ein Abbauprodukt von Carotinoiden und trägt mit ihrer süßlich-fruchtigen Note wesentlich zum Gesamtduft bei. In früheren Studien wurde sie in einer Reihe von Pflanzen mit spezialisierter Bestäuberbindung nachgewiesen – ein möglicher Hinweis auf eine gezielte Duftstrategie auch beim Schwarzdorn.
🌼 Ocimen
Ocimene ist eine häufig vorkommende Verbindung in Blütendüften und existiert in mehreren stereoisomeren Formen. Es wirkt stark duftvermittelnd auf Bienen und andere Insekten. Seine flüchtige Natur macht es zu einem effektiven Lockstoff im Nahbereich.
🔬 Das gezeigte Chromatogramm illustriert die Vielfalt und Dynamik der Duftstoffe, die Blüten in die Luft abgeben. Solche Duftprofile geben uns nicht nur Einblicke in die ökologische Rolle von Pflanzen, sondern auch in die Evolution chemischer Kommunikation zwischen Pflanze und Tier.