Ulrich Pöschl zum AGU Fellow ernannt
Chemie-Professor wird für seine bedeutenden Beiträge zum Verständnis von Multiphasenprozessen an der Schnittstelle zwischen Atmosphäre und Biosphäre und den Auswirkungen auf das Erdsystem und die öffentliche Gesundheit geehrt.
Prof. Dr. Ulrich Pöschl wurde zum Fellow der American Geophysical Union (AGU) ernannt. Er reiht sich damit neben 53 weiteren Wissenschaftlern in die Riege der Class of Fellows des Jahres 2023 ein. Die AGU, die weltweit größte Vereinigung für Erd- und Weltraumwissenschaften, zeichnet jedes Jahr eine ausgewählte Anzahl von Personen mit ihren höchsten Ehren aus. Seit 1962 hat das AGU Union Fellows Committee weniger als 0,1% seiner Mitglieder den Fellowship-Status verliehen.
Ulrich Pöschl wurde aufgrund seiner herausragenden wissenschaftlichen Leistungen, seiner Beiträge zur Förderung des wissenschaftlichen Fortschritts und seiner vorbildlichen Führungsrolle ausgewählt. Er verkörpert darüber hinaus die Vision der AGU von einer erfolgreichen, nachhaltigen und gerechten Zukunft, die durch Entdeckung, Innovation und aktives Handeln angetrieben wird. Ebenso bedeutungsvoll sind seine Integrität und sein respektvolles und kooperatives Verhalten bei seinem Engagement für Bildung, Vielfalt und Wissensvermittlung.
Wissenschaftlicher Werdegang und Leistungen
Ulrich Pöschl ist Direktor der Abteilung Multiphasenchemie am Max-Planck-Institut für Chemie und hat eine Professur an der Johannes Gutenberg-Universität zu Mainz inne. Er studierte Chemie an der Technischen Universität Graz und arbeitete bereits als Postdoctoral Fellow, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Forschungsgruppenleiter und Dozent am Massachusetts Institute of Technology, am Max-Planck-Institut für Chemie und an der Technischen Universität München. Seine Forschungs- und Lehrtätigkeit konzentriert sich auf die Auswirkungen von Mehrphasenprozessen, also auf die Wechselwirkungen zwischen Gasen, Flüssigkeiten und Feststoffen an der Schnittstelle zwischen Atmosphäre und Biosphäre und deren Auswirkungen auf das Erdsystem und die öffentliche Gesundheit.
Zum Beispiel entwickelte Prof. Pöschl einen universellen kinetischen Rahmen für den Stofftransport und chemische Reaktionen an Gas-Flüssig- und Gas-Fest-Grenzflächen. Er und sein Team entschlüsselten, wie die reversible Adsorption von Gasmolekülen und der Phasenzustand des kondensierten Substrats die Geschwindigkeit heterogener chemischer Reaktionen und die atmosphärische Ausbreitung von gefährlichen Luftschadstoffen beeinflussen. Sie zeigten auf, wie organische und anorganische Feinstaubpartikel mit gasförmigen Luftschadstoffen in den Epithelflüssigkeiten der Schleimhaut interagieren, wobei sie reaktive Sauerstoff- und Stickstoffspezies bilden und oxidativen Stress in den menschlichen Atemwegen erzeugen. Darüber hinaus leisteten Pöschl und sein Team Pionierarbeit bei der Untersuchung von luftgetragenen Biopartikeln und Biomolekülen wie Bakterien, Pilzsporen und Proteinen. Mit Hilfe moderner Analysemethoden beschrieben sie deren Vielfalt und Interaktion mit Photooxidantien, Wasserdampf, Wolken und Niederschlag (Biopräzipitationszyklus).
„Durch die Wahl zum AGU Fellow fühle ich mich sehr geehrt. Ich sehe die Auszeichnung als Ermutigung, wissenschaftliche Erkenntnisse weiterhin in Zusammenarbeit und im Austausch quer durch die globale geowissenschaftliche Gemeinschaft und auch darüber hinaus voranzutreiben und zu verbreiten“, so Ulrich Pöschl. „Daher möchte ich diese Ehrung nicht nur mit den Kolleginnen, Kollegen und Studierenden teilen, die zu meinen wissenschaftlichen Forschungsarbeiten und Erkenntnissen beigetragen haben. Ich möchte sie auch mit den zahlreichen Mitgliedern der Wissenschaftsgemeinschaft teilen, die dazu beigetragen haben, den offenen Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen (Open Access), offene Fachbegutachtung (Open Peer Review) und interaktive öffentliche Diskussionen zu ermöglichen. Gemeinsam sind wir auf dem Weg zu einem Netzwerk der Erkenntnis (Epistemic Web), das den wissenschaftlichen Diskurs im Sinne des kritischen Rationalismus dokumentiert und der Welt nicht nur offen mitteilt, was wir wissen, sondern auch, wie gut wir es wissen und wo unsere Grenzen liegen.“
Engagement für eine optimierte wissenschaftliche Kommunikation
Seit mehr als 20 Jahren engagiert sich Prof. Pöschl für eine Verbesserung der wissenschaftlichen Kommunikation und Qualitätssicherung durch interaktive Formen der Veröffentlichung, Überprüfung und Diskussion, die für die wissenschaftliche Gemeinschaft und eine breite weltweite Öffentlichkeit zugänglich sind. In Zusammenarbeit mit einem weltweiten Netzwerk von Mitherausgebern startete Pöschl das erste Wissenschaftsjournal im Open-Access-Format „Atmospheric Chemistry and Physics“ (ACP). Als Gründer und Chefherausgeber etablierte Pöschl ACP als eine der führenden Fachzeitschriften für Atmosphärenwissenschaften. Als Publications Committee Chair und Council Member der European Geosciences Union (EGU) unterstützte er darüber hinaus die Veröffentlichung weiterer interaktiver Open-Access-Magazine, die der gesamten geowissenschaftlichen Gemeinschaft zur Verfügung stehen. Nicht zuletzt war er Präsident der EGU-Abteilung für Atmosphärenwissenschaften. Frühere Auszeichnungen für die wissenschaftlichen Leistungen von Prof. Pöschl umfassen den EGU Union Service Award (2005), die Pius XI Goldmedaille der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften (2012) sowie die Copernicus-Medaille der Copernicus-Gesellschaft (2015). Seit 2014 wird Prof. Pöschl laut Web of Science immer wieder als einer der weltweit führenden und meistzitierten Wissenschaftler benannt.
Offizielle Ehrungszeremonie während der AGU2023
Die AGU wird die diesjährigen Preisträger auf der AGU23 offiziell auszeichnen, die vom 11. bis 15. Dezember 2023 mehr als 25.000 Teilnehmer aus über 100 Ländern in San Francisco und überall online versammeln wird. Der jährliche Ehrungsempfang ist eine Gelegenheit für die AGU-Gemeinschaft, die herausragende Arbeit unserer Kollegen zu würdigen und sich von ihren Leistungen und Geschichten inspirieren zu lassen.
Die AGU (www.agu.org) ist eine globale Gemeinschaft, die mehr als eine halbe Million Befürworter und Fachleute in den Erd- und Weltraumwissenschaften unterstützt. Durch breit angelegte und integrative Partnerschaften will die AGU Entdeckungen und wissenschaftliche Lösungen vorantreiben, die das Wissen beschleunigen und Lösungen schaffen, die ethisch, unvoreingenommen und respektvoll gegenüber Gemeinschaften und ihren Werten sind. Zu unseren Programmen gehören die Tätigkeit als wissenschaftlicher Herausgeber, die Organisation von virtuellen und persönlichen Veranstaltungen und die Unterstützung von Karrieren. Wir leben unsere Werte in allem, was wir tun, wie z. B. in unserem renovierten Netto-Null-Energie-Gebäude in Washington, D.C., und in unserem Ethik- und Gleichstellungszentrum, das eine vielfältige und integrative geowissenschaftliche Gemeinschaft fördert, um verantwortungsvolles Handeln zu gewährleisten.
Über das Max-Planck-Institut für Chemie
Die aktuelle Forschung am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz zielt auf ein ganzheitliches Verständnis der chemischen Prozesse im System Erde, insbesondere in der Atmosphäre und Biosphäre. Unsere Wissenschaftler erforschen die Wechselwirkungen der Systeme Klima, Ozean und Atmosphäre von der geologischen bis zur jährlichen Zeitskala. Die Untersuchungen befassen sich mit einem breiten Spektrum von Wechselwirkungen zwischen Luft, Wasser, Boden, Leben und Klima im Laufe der Erdgeschichte bis hin zur heutigen vom Menschen geprägten Epoche, dem Anthropozän.
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