Baum der Erinnerung und menschliche Verantwortung im Anthropozän

1. November 2018

Mit einer Baumpflanzung im Botanischen Garten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz erinnern Nobelpreisträger Paul Crutzen, Max-Planck-Direktor Ulrich Pöschl und Kollegen an den verstorbenen Wissenschaftler Abraham Horowitz. Der israelische Professor forschte regelmäßig am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz und beschäftigte sich zuletzt intensiv mit dem Thema Anthropozän, dem von Menschen geprägten Erdzeitalter.

Der Botanische Garten war ein besonderer Ort für Abraham Horowitz. Der israelische Wissenschaftler, der seit den 1980er Jahren regelmäßig am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz forschte, ging nahezu täglich hier spazieren. Als der Chemiker Anfang dieses Jahres verstarb, hatten Max-Planck-Direktor Ulrich Pöschl, sein emeritierter Kollege und Nobelpreisträger Paul Crutzen und ihre Ehefrauen die Idee, in Erinnerung an den befreundeten Forscher einen Baum zu pflanzen. Die Leitung des Botanischen Gartens der Johannes Gutenberg-Universität begrüßte dieses Vorhaben und veranlasste die Pflanzung einer Amerikanischen Esche, die durch private Spenden finanziert wurde und an diesem Mittwoch im Beisein der Witwe und Tochter von Abraham Horowitz sowie von Universitätspräsident Georg Krausch und weiteren Kollegen erfolgte.

Abraham Horowitz wurde 1940 als Sohn jüdischer Eltern in Warschau geboren. Kurz nach der Zerstörung des Warschauer Ghettos mussten sich seine Eltern von ihm trennen. Auf diese Weise gelang es der Familie, den Holocaust zu überleben. Seine Pflegeeltern retteten Abraham Horowitz, indem sie ihn als Sohn eines verstorbenen muslimischen Freundes ausgaben. Nach dem Ende des Krieges konnte er wieder zusammen mit seiner Mutter leben. 1950 wanderten sie nach Israel aus.

Horowitz war Wissenschaftler am Soreq Nuclear Research Center (SNRC) in Yavne, Israel. Er arbeitete im Bereich der Reaktionskinetik sowie der Atmosphären- und Strahlungschemie. Am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, wo er regelmäßig zu Gast war, führte er Fotolyse-Versuche durch und untersuchte den Einfluss von Chlorverbindungen auf die Ozonschicht.

Als Emeritus blieb er in regem wissenschaftlichen Austausch mit seinem Freund Paul Crutzen, Ulrich Pöschl und weiteren Institutskollegen. Sie tauschten sich untereinander intensiv über das von uns Menschen geprägte Erdzeitalter aus. In seinem letzten Lebensjahr bereitete Horowitz einen wissenschaftlichen Aufsatz zum Thema vor. Er sah in dem von Paul Crutzen geprägte Begriff des Anthropozäns ein Zeitalter der menschlichen Verantwortung und einen Aufruf zu verantwortlichem Handeln in Wissenschaft und Gesellschaft. Sein Artikel soll demnächst in einem Buch, das dem Thema Anthropozän gewidmet ist, erscheinen.

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